Über Leid, Freud und Spaß in Tschechien und am Bohrturm

Neben Crosscountry und Marathon steht auch das eine oder andere Etappenrennen auf dem Programm. Nach der Belgium MTB Challenge im Mai wollte es Peter erneut wissen und fuhr vergangene Woche nach Tschechien zur MTB-Trilogy. Letztes Jahr erreichte uns von den beiden Startern Peter und Martin zwischendurch das Update „Fahrer leiden an akutem Trail-Fieber“ (lest hierzu erneut den Rennbericht https://www.mtb-club-muenchen.de/starter-leiden-an-akutem-trailfieber). Ob es Peter dieses Jahr wieder so erging? Lest selbst von Schmerz und Leid und Freud.

Nicht ganz so weit und wesentlich kürzer, das war die Devise von uns (Jörg und Sarah) beim Bohrturm-Cup in Windischeschenbach, ein Crosscountry-Rennen der Jura-Cup Serie mitten in der Oberpfalz. Bei gefühlt 40 Grad im Schatten wurde Runde um Runde um den Bohrturm und das „GEO-Zentrum KTB“ gedreht.

Peter’s MTB-Trilogy

Für jeden Höhenmeter zahle ich einen bitteren Preis

Von Peter Gierlich

Tag 0: Das Vorspiel vom Vorspiel

Die letzten paar Kilometer nach Teplice nad Metuji, der Ausgangspunkt für die Rennen der kommenden 4 Tage, sind schon mit dem Auto ein Genuss: die Straße windet sich durch ein malerisches Flusstal in ursprünglicher Natur. Nach Ankuft direkt aufs Bike gesetzt, und dem bereits ausgeschilderten Parcours des morgigen Prologs folgen. Die Runde führt durch märchenhafte Wälder und Felsformationen, es ist wie Biken im Sagaland.

Doch die Idylle trügt: in einer der Enduro-Sektionen zerlegt es mich heftigst. Das Bike scheint Ok, ich dagegen weniger. Knie und Leiste haben unsanft Begegnung mit Felsen bzw. Lenker gemacht. Blut fließt. Schlimmer dagegen hat es das linke Handgelenk erwischt, das schwer gestaucht ist. Weiterfahren auf dem Trail ist kaum möglich, da ich keine Schläge mehr abfedern kann. Ich krieche geschlagen zurück in die Ferienwohnung in der Hoffnung, dass die MTB Trilogy nicht schon vor dem ersten Tag für mich beendet ist.

Tag 1: Prolog

Am nächsten Morgen ist die Situation wenig besser: das Handgelenk ist dick geschwollen und schmerzt. Eine kurze Versuchsrunde geht irgendwie, allerdings mit Schmerzen und Mangel an Kontrolle. Dennoch gehe ich nachmittags an den Start des Prologs. Vom Belastungsprofil her ein Cross Country-Rennen mit nur einer Runde. Dazu Time Trial, alle 30 Sekunden ein Fahrer. Vertrauen ist kaum da, Rhythmus kommt erst langsam. Ich komme durch die ersten schwierigen, mit Felsen, Wurzeln und losem Untergrund gespickten Sektionen irgendwie durch. Erstaunlich, wie Adrenalin doch so einiges an Schmerzen unterdrücken kann. Man sollte das Zeug industriell produzieren, in Dosen…

Durch das Handicap bin ich verkrampft, und die Linien stimmen nicht. Die Gegenanstiege sind brutalst steil und technisch, viele schieben. Ich mache einige Plätze gut, werde im Gegenzug von zwei wattstarken Vertretern kurzerhand weggeschnupft.

In der berühmt-berüchtigten Enduro Trap kommt es dann wie es kommen muss: ich komme zwar ohne Lenker- oder Pedalkontakt durch, das Handgelenk kapituliert jedoch mit der starken Kompression bei der Landung, und ich gehe in einer großen Staubwolke zu Boden – diesmal zum Glück weich. Angenehmer Waldboden-Duft strömt in meine Nase. Warum nicht einfach liegen bleiben und warten, dass fleissige, liebenswerte Waldameisen mich sanft auflesen und mit vereinten Kräften ins Ziel schleppen? „You ok?“ tönt es neben mir. Der Streckenposten teilt meinen Moment der Sentimentalität nicht – Romantik-Flegel. So geht es also weiter durchs Trail-Nirvana, mit Puls dauerhaft am Anschlag und zittriger Navigation. Am Ende wird vor und nach einer neu hinzu gekommenen Downhill- und Uphill-Switchback-Sektion noch einmal hart gekämpft, im Laktat-Delirium rette ich mich über die Ziellinie. Es fühlt sich an wie Zieleinlauf nach einem 7-tägigen Etappenrennen. 13km stehen auf dem Tacho.

Tag 2: Stage 1 – Die kleinen Alpen

Was so liebreizend klingt, war im letzten Jahr meine persönliche Königs-Stage, die mich regelmäßig an meine physischen und technischen Grenzen brachte. Und das Bike an seine mechanischen. Warum sollte es dieses Jahr anders sein?

Bei etwas mehr als 20km blockiert am Ende einer Enduro-Sektion plötzlich der Antriebsstrang. Die Euphorie die Sektion mit schmerzenden Handgelenk hinter mich gebracht zu haben, weicht nach kurzer Prüfung der mechanischen Situation blankem Entsetzen: der Käfig des Schaltwerks ist zerrissen, das Gewinde aufgebrochen, die obere Rolle fehlt. Die Hilfsbereitschaft der vorbeikommenden tschechischen Fahrer ist trotz Sprachbarriere überwältigend (bei deutschen Veranstaltungen ist so etwas eher die Seltenheit). Nach zwei nicht nachhaltigen Versuchen auf Singlespeed-Umbau, mehreren Kilometern Trail-Fußmarsch, und einigen anderen Episoden, endet die Odyssee mit Unterstützung des super-freundlichen Trilogy-Staffs dann endlich am Reparatur-Stützpunkt. Mit sicher 1,5 Stunden Verspätung gehe ich dank kühner tschechischer Handwerkskunst (selbst der Schraubstock wurde benutzt, ja) wieder auf die Piste. Wo bei Cross Country-Rennen 3 Pfeile nach unten Ungemach ankündigen, ist es bei der Trilogy ein Totenkopf, den man jedes Mal absolut ernst nehmen sollte: wüste, extrem steile Geröll-Erdrutschen mit Switchbacks und hohen Stufen zwingen speziell bei dieser Stage das ein oder andere Mal zum Absteigen. Federweg, grobe Vorderreifen und vor allem der Dropper Seatpost machen auf einmal Sinn. Fahrtechnik natürlich auch. Die Uphill-Sektionen, viele davon auf malerischen Trails, sind steil und technisch, für jeden Höhenmeter zahle ich einen hohen Preis.

Nach fast 7(!) Stunden rolle ich zerschlagen durchs Ziel. Während ich diese Zeilen schreibe, spuken Gedanken durch den Kopf: warum nicht gesellig Enduro fahren und am Verpflegungspunkt in aller Ruhe eine Schnitzel-Semmel verspeisen? Oder einfach das Bike einmal ausführen und zusammen wandern gehen? Natürlich ohne Kette. Einfach einmal wirklich Urlaub machen und auftanken, statt täglicher roher Zerstörung von Mens und Physis…

Tag 3: Stage 2 – The Best of Sudety

Auch heute starte ich viel zu schnell, so dass nach etwa 15km die Luft dünn wird. Was soll’s, es ist eher die Drücker-Etappe, ich lasse meine Mitstreiter ziehen und richte den Fokus voll auf die Spezialitäten der Strecke: das sind heute -typisch Sudety- weiche, griffige Waldtrails, durchsetzt mit natürlichen Rockgardens und Wurzeln. Felsen so groß wie ein 29er-Laufrad, mit ebenso hohen Drops. Auch heute gibts es so einige Mutproben-Passagen in den Enduro-Sektionen, dummerweise merkt man es meistens erst, wenn man schon mittendrin ist. Zahlreiche Zuschauer tummeln sich an diesen Action-Hotspots. Als es zu regnen beginnt, wirds nochmal heikel.

Aber hey, ohne Defekt durchgekommen, trotz schwächelndem Handgelenk nicht zu Boden gegangen, ist doch schön. Die Beine sind leider tot. So liege ich einige Zeit später beim Sportmasseur, der einen fantastischen Job macht und mir systematisch Schmerzen zufügt – die guten wohlgemerkt. Ein Luxus.

Tag 4: Stage 3 – Vrani Hory

Das Ziel des letzten Tages ist finishen. Ein ganz einfaches Ziel. Vom Start weg lasse ich es diesmal langsam angehen, und siehe da, auch nach einer Stunde ist noch munter kurbeln. Die Beine stimmen heute, und ich freue mich am runden Tritt berghoch. Das ist auch gut so, denn regenerieren in den Abfahrten funktioniert heute leider noch schlechter als an den Tagen zuvor. Wahrscheinlich durch die Schonhaltung der letzten Tage macht langsam die ganze linke Arm- und Schultermuskulatur dicht. Denkbar ungünstig in den Abfahrten, in denen heute noch einmal alle Register gezogen werden.

In der vorletzten Enduro-Sektion ist es dann vorbei: Kraft und Motorik sind links kaum mehr vorhanden, es schlägt mir mehrfach fast den Lenker aus der Hand, ich taumele nur noch bergab. Irgendwie schaffe ich es mit Absteigen doch nach unten. Die letzten 20 Kilometer funktioniere ich nur noch, bis zur Durchfahrt unterm Zielbogen. Geschafft!

Ich bin froh die MTB Trilogy am Ende doch zu Ende gefahren zu haben. Auf der anderen Seite: schön blöd sich noch vor dem ersten Tag so zuzurichten, das gescheites Fahren eigentlich nicht mehr möglich ist. Quintessenz nach meiner zweiten Teilnahme: Es braucht den „kompletten“ Mountainbiker (der ich leider nicht bin), um in diesem Trail-Abenteuer nachhaltig schnell und flüssig unterwegs zu sein. Ein Etappenrennen, dessen Kombination aus physischem und technischem Anspruch, ungeshapten Natur-Trails, liebevoller Organisation und familiärer Atmosphäre in Europa wohl seinesgleichen sucht.

Bohrturm-Cup Jörg

Die Beine drehten sich fast von alleine

Von Jörg Schmidtmann

Schon alleine wegen des Namens wäre ich das Rennen im letzten Jahr schon gerne gefahren, leider hat es da irgendwie nicht gepasst. In diesem Jahr hat dafür alles gepasst, ein halbwegs entspannter Samstag, eine gemütliche Anreise und perfektes Rennwetter. Auf dem Gelände der „kontinentalen Tiefbohrung“ steht der namensgebende Bohrturm, der ein 9km tiefes Loch in die Erde gebohrt hat, um mal nachzusehen, wie es dort so aussieht.

Die Strecke machte schon bei der Besichtigung Spaß, vom Bohrturmgelände ging es in den angrenzenden Wald, hier wartete eine schön angelegte Strecke auf herrlich weichem und losen Waldboden, nur unterbrochen von zwei fiesen Anstiegen.

Der Start lief schon super, ich konnte mich bei den jungen Hasen einreihen und fühlte mich immer gut, die Beine drehten sich heute fast von alleine. So könnte es sich gerne in jedem Rennen anfühlen. So genoss ich die 5 Runden und fuhr tatsächlich als erster bei den „alten Herren“ ist Ziel.

Damit freue ich mich jetzt noch mehr auf die Bayerische Meisterschaft bei unserem Heimrennen am Samerberg.

Bohrturm-Cup Sarah

Typischer Ablauf eines XCE-Rennens im Damen Elite-Feld

Von Sarah Wälde

Die meisten Damenrennen, die ich dieses Jahr bestritten habe, liefen nach einem ähnlichen Muster ab, so auch der Bohrturm-Cup in Windischeschenbach.

Temperatur – eher auf der hohen Plusseite der Skala.

Strecke – abwechslungsreich, technische Einstreuungen und trocken. Knifflige Stellen mehrmals üben beim Einfahren, alles machbar, kein Grund zur Panik.

Start – oftmals wird mit der U17 m/w zusammen gestartet und zwar die Damen in zweiter Reihe. Hier ist ein Sprintstart (nun ja, eh nicht meine Stärke), meist abhängig von der Performance der ersten Reihe. Leider war meine Position etwas ungünstig, da die jungen Herren vor mir etwas übereifrig waren und nicht in ihre Pedale kamen. Also, letzter Platz nach der ersten Kurve.

Runde eins – sortieren, schlechten Start gut machen, versuchen vor möglichen „Bremsen“ in den ersten Trail zu kommen. Dies alles hat ein recht hohes Anfangstempo zur Folge.

Runde zwei – Ruhe kehrt ein, Rhythmus gefunden. Meist ist auch ab hier die Reihenfolge bei Zieleinfahrt schon geklärt, zumindest was meine Position im Damenfeld angeht, und ich fahre mein Rennen für mich alleine.

Runde drei (zumindest in diesem Rennen) – Eine Unachtsamkeit in einer Kurve bewirkte ein Ausklicken und somit Absteigen im Rockgarden, verdammt. Durch diesen Fehler kam ich ins Huddeln, was einen weiteren Fahrfehler zur Folge hatte und mich wieder sehr viel Zeit kostete. Also, wieder in den Rhythmus finden und weiter fahren, Ruhe bewahren.

Verpflegung – nach der Hälfte des Rennens Auswechseln der Getränkeflasche und ein Gel (leider zu spät gegessen, den Effekt merkte ich erst kurz vor Ende des Rennens.

Letzte Runde – nochmal Gas geben, Ruhe bewahren und vielleicht den U17 Fahrer vor dir noch einsammeln. Leider klappte das nicht, im Gegenteil, er fuhr mir davon, aber zumindest der junge Herr hinter mir kam nicht näher.

Am Ende gab es Platz zwei, ein Losgewinn in der Tombola und natürlich Kaffee und Kuchen 🙂